Mein SK-Angebot
Systemisches Konsensieren
Bei meiner Recherche nach Alternativen zur Mehrheitsentscheidung durch Abstimmung, die als demokratisches
Entscheidungsprinzip trotz seiner zahlreichen Schwächen unangefochten ist, bin ich auf das in Österreich entwickelte Prinzip der Entscheidungsfindung mit Hilfe des Systemischen Konsensierens (Systemisches Konsensprinzip/SK-Prinzip) gestoßen. Die vielen Vorteile (siehe unter "Vorteile gegenüber der Mehrheitsentscheidung") überzeugten mich schnell, das SK-Prinzip in meine Bildungsangebote zu integrieren.
Meine Angebote mit dem SK-Prinzip teilen sich in drei Einsatzfelder auf:
1) Vermittlung des SK-Prinzips zur Anwendung für tragfähige Entscheidungen
In einem für die Teilnehmenden und ihre spezifischen Kontexte und Bedürfnisse passenden Format und Umfang vermittle ich die Funktionsweise des SK-Prinzips und befähige die Teilnehmenden, das systemische Konsensieren in ihrem privaten oder beruflichen Alltag anzuwenden. Die Teilnehmenden lernen die partizipations- und kooperationsfördernde Wirkung kennen und lernen, wie sie mit SK effizient Entscheidungen treffen, Konflikten vorbeugen und diese lösen können. Dabei erhalten die Teilnehmenden ausreichende Gelegenheit, die Anwendung des SK-Prinzips zu üben.
Für einen Workshop mit Übungsanteil und Raum für Reflexion ist ein Gesamtumfang von einem Tag (8 Stunden inkl. Pausen) ideal. Kürzere Formate sind mit Fokus auf die Anwendung in kleineren Gruppen und/oder die Reduzierung des Übungsanteils ebenfalls möglich.
2) Anwendung des SK-Prinzips in meinen Bildungsangeboten
Seminargruppen unterscheiden sich von anderen Gruppen in Bezug auf die Notwendigkeit demokratischer Entscheidungen nicht. Daher wende ich in all meinen Angeboten das SK-Prinzip an, sowohl für das Treffen strittiger Entscheidungen als auch für mögliche auftretende Konflikte. In meinen Workshops und anderen Bildungsformaten zu den Themen Demokratie und Demokratisch Entscheiden spielt das SK-Prinzip eine hervorgehobene Rolle. Schließlich gibt es auch Schnittpunkte zu den Lernzielen vieler Betzavta-Übungen, sodass es auch in meinen Betzavta-Kursen häufig zur Anwendung kommt.
3) Moderation in Entscheidungssituationen und Konfliktfällen mit dem SK-Prinzip
Das SK-Prinzip ist grundsätzlich in allen Entscheidungssituationen und mit wenigen Ausnahmen auch in allen Konfliktsituationen anwendbar.
Als Moderator unterstütze ich Ihre Gruppe bei einer lösungsorientierten hoch partizipativen und machtneutralisierenden Entscheidungsfindung. In Konfliktfällen kläre ich mit Ihnen im Vorfeld geeignete Fragestellungen, das Prozessdesign und den möglichen Ablauf der Lösungssuche. Unlösbar scheinende Widersprüche werden sich auflösen.
Die Beschränkung auf die Erstellung einer entscheidungsvorbereitenden nach Akzeptanz gereihten Rangordnung der Lösungsvorschläge erlaubt Führungskräften bzw. vorgeschriebenen Entscheidungsgremien, die endgültige Entscheidung zu treffen. Wird diese mit dem SK-Prinzip vorbereitet, steigen die Chancen deutlich auf konsens- und damit tragfähige Lösungen.
Die Moderation mit SK spart damit Zeit, Nerven und beugt zukünftigen Konflikten, die durch Mehrheitsentscheidungen getroffen werden, vor.
Ziele und Wirkungen des Systemischen Konsensierens
Das Systemische Konsensieren zielt darauf ab, Entscheidungen zu treffen, die den größtmöglichen Interessenausgleich in einer Gruppe ermöglichen. Es wird nicht nach der klassischen Mehrheit entschieden, sondern nach der Lösung, die den geringsten Widerstand innerhalb der Gruppe hervorruft. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Beteiligten die Entscheidung mittragen können, auch wenn sie diese nicht aktiv befürworten. Das SK-Prinzip fördert also Entscheidungen, die nachhaltig akzeptiert werden und das Konfliktpotenzial minimieren.
Ziel des SK ist es, die klassische Rivalitätslogik von Entscheidungsfindungen zu überwinden und stattdessen auf konstruktive Zusammenarbeit und gegenseitige Rücksichtnahme zu setzen. Dabei wird die Gruppe dynamisch in Richtung Konsens geführt, ohne dass ein vollständiger Konsens zwingend erreicht werden muss.
Das SK-Prinzip ist ein Ansatz, der die „Kreativität und Konsensbereitschaft“ der Gruppe nutzt, um tragfähige Lösungen zu finden, die für alle akzeptabel sind. Es bewirkt eine Umkehr der üblichen Verhaltensmuster, da egoistische oder machtorientierte Strategien durch die Methode automatisch abgeschwächt werden.
Ein wichtiger Effekt des SK-Prinzips ist die Förderung von Vertrauen und Kooperation innerhalb der Gruppe. Das Prinzip regt dazu an, die Bedürfnisse der anderen zu berücksichtigen, da nur so eine Entscheidung mit geringem Widerstand möglich wird.
„Kollektive Entscheidungen sind am ehesten dann gute Entscheidungen,
wenn sie von Leuten mit verschiedenartigen Informationen
in voneinander unabhängiger Folgerung erreicht werden.“
(James Surowiecki, 2007)
Das SK-Prinzip schafft genau diesen Rahmen und ermöglicht es, die Weisheit der Gruppe zu nutzen, um tragfähige und kreative Lösungen zu entwickeln.
Vorteile gegenüber der Mehrheitsentscheidung
Das SK-Prinzip bietet zahlreiche Vorteile im Vergleich zur traditionellen Mehrheitsentscheidung
Die Schwächen der Mehrheitsentscheidung
- Spaltung und Machtkämpfe: Mehrheitsentscheidungen erzeugen oft Konflikte, da die Minderheit überstimmt wird und sich als Verlierer fühlt. Dies führt zu Spaltung und Rivalität.
- Fehlende Rücksichtnahme: Gewinner sind nicht verpflichtet, die Interessen der Verlierer zu berücksichtigen. Dies kann langfristig zu Blockaden und einer Verhärtung der Fronten führen.
- Populismus und Polarisierung: Die Mehrheitsentscheidung verleitet dazu, Feindbilder zu schaffen, um Mehrheiten zu mobilisieren. Dadurch werden Dialog und Zusammenarbeit erschwert.
Die Stärken des SK-Prinzips
- Minimierung von Konflikten: Das SK-Prinzip misst nicht die Zustimmung, sondern den Widerstand gegen Vorschläge. Dadurch wird sichtbar, welche Lösungen das geringste Konfliktpotenzial und damit die größte Akzeptanz haben.
- Kompromiss statt Spaltung: Mit dem SK-Prinzip wird nicht nur differenziert und transparent erkenntlich, wer Lösungsvorschläge befürwortet oder ablehnt, sondern auch, wer diese mitträgt. Widerstände werden dabei Ernst genommen, konstruktiv bearbeitet und regen alle zur kooperativen Lösungssuche an.
- Akzeptanz statt Opposition: Entscheidungen mit geringem Widerstand werden von der gesamten Gruppe mitgetragen. Die Messung der Akzeptanz durch das Erfassen von Widerständen stellt eine solide Grundlage für tragfähige Entscheidungen dar.
- Förderung von Kreativität: Da alle Beteiligten gleichberechtigt Vorschläge einbringen und bewerten können, entstehen kreative und innovative Lösungen.
Im Gegensatz zum Mehrheitsprinzip, das Konflikte oft verdeckt oder verschärft, schafft das SK-Prinzip Transparenz über die Interessen und Bedenken aller Beteiligten und führt zu nachhaltigeren konsensorientierten Entscheidungen
Funktionsweise des SK-Prinzips
Das SK-Prinzip basiert auf der Messung des Widerstands der Beteiligten gegen verschiedene Lösungsvorschläge. Es geht nicht darum, Zustimmung (Ja-Stimmen) zu messen, sondern den Widerstand (Nein-Stimmen) transparent zu machen. Dies erlaubt es, Lösungen zu finden, die den größtmöglichen Interessenausgleich bieten.
Die Pionier*innen des SK-Prinzips haben im Laufe der Zeit ein passendes Set an Moderationsinstrumenten entwickelt, mit denen unterschiedlichste Entscheidungs- und Konfliktsituationen moderiert werden können. Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Prozesse, die im Rahmen einer Konfliktlösung oder Entscheidungsfindung mit den SK-Instrumenten geleitet werden:
Schritte des SK-Prinzips
1) Sammlung von Lösungsvorschlägen: Die Gruppe entwickelt möglichst viele Vorschläge, die das Problem adressieren. In Situationen mit vorgegebenen Vorschlägen wird
2) Bewertung der Vorschläge: Alle Beteiligten bewerten jeden Vorschlag auf einer selbstgewählten Skala, die der Tragweite und Komplexität des Problems Rechnung tragen, mit Widerstands-Stimmen. Die häufigsten Varianten der Skalierung sind 0-2, 0-5 oder 0 - 10 (wobei 0 keinerlei Widerstand und 10 maximalen Widerstand bedeutet).
3) Gruppenwiderstand berechnen: Die Widerstandswerte aller Beteiligten werden summiert, um den Gesamtwiderstand für jeden Vorschlag zu ermitteln. Daraus wird auch das Konfliktpotenzial und die Akzeptanz der Vorschläge ermittelt.
4) Rangordnung der Vorschläge: Die Vorschläge werden in eine Rangordnung entsprechend ihrer Akzeptanz gebracht. Sie stellt eine Zwischen- oder die Endbewertung dar.
5) Der Vorschlag mit der größten Akzeptanz wird bevorzugt. Er dient je nach vorab getroffener Vereinbarung als umzusetzende Entscheidung oder als Entscheidungsvorbereitung.
6) Wenn keine:r der Vorschläge eine breite Akzeptanz erfährt, können die Vorschläge nun angepasst werden und/oder neue Vorschläge unterbreitet werden. Hierbei trachten die Beteiligten danach, die Widerstände gegen ihre Vorschläge zu verstehen und durch Anpassungen auszuräumen. Dabei ist es gewünscht und sinnvoll, sich vorhandener Ideen zu bedienen und diese miteinander zu kombinieren.
7) Die Schritte 3-5 können sich ggf. wiederholen, bis eine von allen mitgetragene breit akzeptierte Lösung gefunden wird.
Einwände gegen Systemisches Konsensieren
Trotz seiner Stärken gibt es auch Einwände gegen das SK-Prinzip, insbesondere von Personen oder Gruppen, die von traditionellen Machtstrukturen profitieren.
Einwände aus der Praxis
- Angst vor Kontrollverlust: Personen in Machtpositionen befürchten, durch SK an Einfluss zu verlieren. Sie argumentieren, dass es unvorhersehbar sei, welche Ergebnisse herauskommen, und dass Streit notwendig sei, um gute Ideen zu entwickeln.
- Komplexität: In großen Gruppen kann die Bewertung vieler Vorschläge zeitaufwendig sein. Auch das Verständnis des SK-Prinzips erfordert eine gewisse Einführung und Übung.
- Dominanz und Manipulation: Kritiker befürchten, dass dominante Personen die Bewertungen der anderen beeinflussen oder manipulieren könnten.
Stärken als Antwort auf die Einwände
- Während es Einwände gegen die Komplexität gibt, zeigt die Praxis, dass das SK-Prinzip zeiteffizienter ist als viele traditionelle Entscheidungsprozesse, da es Streit und Kompromissverhandlungen minimiert.
- Die Sorge vor Dominanz wird durch die Transparenz des Systems abgeschwächt: Widerstandswerte sind für alle sichtbar, und machtorientierte Strategien werden automatisch „bestraft“, da sie die eigene Position schwächen können.
- Das Argument des Kontrollverlusts greift nicht, da Entscheidungsträger weiterhin die Verantwortung tragen können – das SK-Prinzip dient der Vorbereitung von Entscheidungen, wenn die tatsächliche Entscheidungsbefugnis aufgrund von Regularien und/oder Machthierarchien auf einer anderen Ebene liegt.
Anwendungsmöglichkeiten des SK-Prinzips
Das SK-Prinzip ist in vielen Bereichen anwendbar und kann sowohl in kleinen Gruppen als auch in großen Organisationen genutzt werden. Es eignet sich besonders für Situationen, in denen es um Interessenausgleich und konsensnahe Entscheidungen geht. Die folgenden Beispiele entstammen realen Anwendungsfällen:
1) Persönlicher Bereich:
- Planung von Familienaktivitäten oder Treffen.
- Lösen von Konflikten in der Familie oder im Freundeskreis.
2) Beruflicher Kontext:
- Entscheidung über Projekte, Dienstpläne oder Arbeitsaufteilungen.
- Auswahlprozesse, wie z. B. die Besetzung von Stellen.
- Verbesserung der Meeting-Kultur durch konstruktive Entscheidunge
3) Zivilgesellschaft und Politik:
- Bürgerbeteiligungen, z. B. bei der Stadtplanung oder Bürgerhaushalten.
- Konsensfindung in Vereinen oder Initiativen.
- Vorbereitung politischer Entscheidungen, um Konflikte zu minimieren.
4) Großgruppen und digitale Prozesse:
- Beteiligung vieler Menschen über digitale Plattformen, z. B. bei offenen Beteiligungsverfahren.
- Anwendung in internationalen Gremien oder bei großen öffentlichen Projekten.
Durch seine Flexibilität und Fokussierung auf Akzeptanz ist das SK-Prinzip ein vielseitiges Werkzeug, das in nahezu jedem Kontext angewendet werden kann, in dem Menschen gemeinsam Entscheidungen treffen möchten.
Quellen:
- Schrotta, S. (Hrsg.). (2011). Wie wir klüger entscheiden: Einfach – schnell – konfliktlösend. Systemisches Konsensieren – Mehrheitsentscheidungen überwinden. Potsdam: tredition.
- Surowiecki, J. (2007). Die Weisheit der Vielen: Warum Gruppen klüger sind als Einzelne. München: Goldmann.